Alles was wir wahrnehmen ist entstanden und wird vergehen wie auch der Körper mit dessen Sinnen wir wahrnehmen. Satipatthana ist eine Übung sich daran zu erinnern:
Er weilt beim Körper das gesetzmäßige Entstehen betrachtend, das gesetzmäßige Vergehen betrachtend, das gesetzmäßige Entstehen und Vergehen betrachtend. (D.22)
Wenn man vollkommen darüber bewusst ist hängt man nicht mehr am Körper und seinen Wahrnehmungen:
Oder wiederum 'Ein Körper ist da', so ist seine Achtsamkeit gegenwärtig aber nur in dem Maße, wie es der Erkenntnis dient, wie es der Achtsamkeit dient. Unabhängig lebt er, hängt an nichts in
der Welt. (D.22)
Unser Dasein besteht aus dem Körperlichen und dem Geistigen. So wie wir körperliche Dinge mit den fünf Sinnen wahrnehmen, nehmen wir geistige Dinge mit dem geistigen Sinn wahr. So betreffen die
übrigen drei Übungen des Satipatthana die Gefühle, den Geisteszustand und die Betrachtung wesentlicher Wahrheiten (dhammas).
Wenn man über das fortlaufende Entstehen und Vergehen der angenehmen und unangenehmen Gefühle vollkommen bewusst wird ist ganz klar dass es keinen Sinn macht sie zu ergreifen mittels
Zuneigung oder Abneigung und so daran zu hängen, sich davon beherrschen zu lassen. Man wird nur herumgetrieben und findet keinen Frieden. Auch führt es zu nichts in Gefühlen zu verweilen die
weder angenehm noch unangenehm sind. Man mag dann denken es ist in Ordnung, ich brauche nichts, es geht mir nicht gut und nicht schlecht. Weil dieses Gefühl aber entstanden ist und wieder
vergehen wird, eignet es sich nicht um sich darauf zu stützen, es ist nicht Gleichmut (upekkhā) sondern Unwissenheit. Im Gefühl ist keine Erkenntnis.
'Ein Gefühl ist da', so ist seine Achtsamkeit gegenwärtig, aber nur in dem Maße, wie es der Erkenntnis dient, wie es der Achtsamkeit dient. Unabhängig lebt er, hängt an nichts in der
Welt. (D.22)
Die Betrachtung des Geisteszustandes bzw. der Gemütsverfassung umfasst das Bewusst-sein darüber ob Gier, Hass und Verblendung gegenwärtig sind, Konzentration oder Zerstreuung, geistige Weite oder
Eingeengtheit, Weltlichkeit oder darüber hinaus, ob der Geist gesammelt ist oder abgelenkt, befreit oder unbefreit.
Die Betrachtung der Wahrheiten bzw. der Lehrinhalte umfasst das Bewusst-sein darüber, ob und wie die fünf Hemmungen in einem gegenwärtig sind:
Sinnesbegehren, Übelwollen, Trägheit und Mattigkeit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe sowie Zweifel und unsicheres Schwanken. Weiters die Betrachtung der fünf Daseinsgruppen und der Sinne und
Sinnesobjekte. Dann das Bewusst-sein ob die sieben Erwachungsglieder gegenwärtig sind und wie sie zur Entstehung und Entfaltung gebracht werden: Dhammaergründung, Tatkraft, Freude, Gestilltheit,
Konzentration und Gleichmut. Dann die Betrachtung der vier edlen Wahrheiten: Dies ist Leiden, dies ist seine Entstehung, dies die Überwindung, dies der zur Überwindung des Leidens führende
Weg.
All dies nicht theoretisch sondern in direktem Erkennen wie es im Augenblick des Betrachtens tatsächlich ist, so geschieht Loslösung bis hin zu vollkommener Befreiung. Im Alltag eines Laien in
diesem Umfang gewöhnlich nicht zu bewältigen, gibt das Satipatthana Sutta jedenfalls eine Vorstellung über buddhistische Praxis und enthält wertvolle Anregungen. Ein wesentlicher Punkt ist das
Erinnern an die Vergänglichkeit, was überall und zu jeder Zeit möglich ist. Alles verändert sich, alles ist ein Fluss des Entstehens und Vergehens. Die Vergänglichkeit ins Bewusstsein zu rufen
hat etwas Befreiendes:
23. Rāhula, entwickle Meditation über die Wahrnehmung der Vergänglichkeit; denn wenn du Meditation über die Wahrnehmung der Vergänglichkeit entwickelst,
wird jeglicher Ich-Dünkel überwunden. (M.62)
13. Wie bei klarem, wolkenlosem Herbsthimmel die Sonne, sich über die Nebel erhebend, alle Dunkelheit im Luftraum vertreibend, leuchtet, glüht und strahlt: ebenso auch, ihr Mönche, bezwingt
die Vorstellung der Vergänglichkeit, wird sie entfaltet und häufig geübt, alle Sinnlichkeits-Gier, sie bezwingt alle Körper-Gier, sie bezwingt alle Daseins-Gier, bezwingt alles Nichtwissen und
vernichtet allen Ich-Wahn. (S.22.102)
Nichts von dem was das Dasein ausmacht ist beständig, nichts lässt sich festhalten. Welche Art von Körper bin ich? Das Kind und der Jugendliche sind vergangen, bin ich nicht mehr. Was der Körper
jetzt ist wird ebenfalls vergehen, wie könnte ich es also sein? Einmal diese Gefühle und Gedanken und dann wieder andere Gefühle und Gedanken, welche davon bin ich? Ich bin nicht derselbe der ich
vor fünf Minuten war, oder vor einem Augenblick. Ich bilde mir ein dieses Wesen mit bestimmten Eigenschaften zu sein, aber Eigenschaften verändern sich, gehen verloren, neue entstehen und der
körperliche Rahmen in dem diese Prozesse stattfinden verfällt schließlich. Das ist tragisch wenn man am Vergänglichen hängt, sich möglichst oft an die Vergänglichkeit zu erinnern, zu erkennen wie
alles entsteht und vergeht, ist dagegen befreiend.
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