Nach einer kurzen Übungsanleitung des Buddha ist der Bāhiya Dārucīriya vollkommen erwacht. (Khuddaka Nikāya, Udāna 1.10.):
Weise war Dārucīriya", erwiderte der Erhabene, "er hat die Lehre verstanden und befolgt und hat es mir nicht schwer gemacht, ihm die Lehre zu erklären. Vollkommen erloschen ist Dārucīriya.
Es gibt mindestens drei Übersetzungen:
Fritz Schäfer
Gesehenes gelte dir nur als Gesehenes, Gehörtes nur als Gehörtes, sinnlich Erfahrenes nur als sinnlich Erfahrenes, Erkanntes nur als Erkanntes.' So kannst du dich üben, Bāhiyer. Wenn dir Gesehenes nur als Gesehenes, Gehörtes nur als Gehörtes gelten wird sinnlich Erfahrenes nur als sinnlich Erfahrenes, Erkanntes nur als Erkanntes, dann,
bist 'du' nicht 'dort' Bāhiya, dann ist 'das' nicht 'deine' Sache, dann Bāhiyer, bist 'du' weder
'hier' noch 'jenseits' noch 'dazwischen': Das eben ist das Ende des Leidens.
Karl Seidenstücker
"Was das betrifft, Bāhiya, so hast du dich also in dieser Weise zu üben, daß alles das, was du siehst, hörst, denkst und dessen du dir bewusst wirst, ausschließlich nur als Gesehenes, Gehörtes,
Gedachtes und Bewusstgewordenes zu gelten hat. In dieser Weise also, Bāhiya, hast du dich zu üben. Insofern nun, Bāhiya, alles das, was du siehst, hörst, denkst, oder dessen du dir bewusst wirst,
für dich ausschließlich nur als Gesehenes, Gehörtes, Gedachtes oder Bewusstgewordenes gilt, gehörst du weder dem Hienieden, noch dem Jenseits an, noch auch dem, was innerhalb beider liegt; eben
dies ist das Ende des Leidens.
Kurt Schmidt
So musst du dich üben: Wenn etwas gesehen wird, soll es nur Gesehenes sein, wenn etwas gehört wird, soll es nur Gehörtes sein, wenn etwas gedacht wird, soll es nur Gedachtes sein, wenn etwas
erkannt wird, soll es nur Erkanntes sein. So musst du dich üben: Wenn das, was du siehst, (für dich) nur Gesehenes sein soll; wenn das, was du hörst, (für dich) nur Gehörtes sein soll; wenn das,
was du denkst, (für dich) nur Gedachtes sein soll; wenn das, was du erkennst, (für dich) nur Erkanntes sein soll, dann bist du nicht dabei (beteiligt); wenn du nicht dabei (beteiligt) bist, dann
bist du weder in dieser Welt noch in jener Welt noch zwischen beiden. Dies ist das Ende des Leidens.
Die Bedeutung ist klar: Nichts von dem was im Bewusstsein erscheint ist eine Identität, ein Ich oder Selbst. Etwa Form und Farbe gelangen durch das Auge (rūpa kkhandha) in den Geist und dann als bestimmte Objekte der Wahrnehmung (saññā-kkhandha) zu Bewusstsein (viññāna-kkhandha), dabei entsteht ein Gefühl (vedanā-kkhandha) und die Vorstellung "Ich sehe das" (saṅkhāra-kkhandha). Das Ich ist eine Gestaltung des Daseinswillens (ahaṁkāra).
ahaṁ Pron <ved ahám> ich
kāra I. Adj (-|~) machend, tuend, bewirkend, herstellend
Ich bin Körper und Geist, ich sehe, höre, rieche, schmecke, empfinde, fühle, denke und will, ich bin bewusst - das ist Verblendung. In Wirklichkeit sind das alles Phänomene die in einem dynamischen Zusammenhang von Ursachen, Wirkungen und Bedingungen entstehen und vergehen. Ein Strom von Sinneswahrnehmungen und Geistestätigkeiten erscheint ununterbrochen im Bewusstsein. Das Bewusstsein scheint statisch zu sein, wie ein Spiegel in dem Objekte erscheinen oder eine Leinwand auf die ein Film projiziert wird. Etwa Sehbewusstsein und Hörbewusstsein sind beide Bewusstsein, dennoch sind sie verschieden. Ebenso das Ichbewusstsein, ich scheine immer derselbe zu sein und dennoch verändere ich mich ständig. Die elementare Eigenschaft der khandha bleibt immer gleich aber sie bestehen nicht aus sich selbst heraus sondern verändern sich in ständig fortlaufenden Prozessen. Als Kind dachte ich dass ich ein Kind bin, jetzt denke ich dass ich ein Erwachsener bin. Damals wie heute war es dasselbe Bewusstsein in seiner elementaren Eigenschaft des Erfahrens von Objekten, verbunden mit der Vorstellung "ich bin Körper und Geist". Daher scheint es als wäre innerhalb der Veränderungen immer dasselbe Ich das die Dinge wahrnimmt.
Und so weiter, jede Rede des Buddha bietet unzählige Denkanstöße. Aber Gedachtes ist nur Gedachtes...
Kommentar schreiben