Ohne die vier edlen Wahrheiten zu verstehen kann ich den achtfachen Pfad nicht praktizieren.
Dasein ist mit Leiden verbunden, das ist eine Erfahrungstatsache, dazu braucht man nicht viel nachzudenken. Wie man den Leiden entkommen kann ist dagegen nicht so offensichtlich. Oberflächlich betrachtet scheint es klar zu sein, präventiv vermeidet man zu große Risiken und akute Leiden bekämpft man eben. Die Erwartung dass eines Tages alle Leiden, etwa durch die moderne Wissenschaft, beseitigt sein werden ist aber unrealistisch, weil Leid im Dasein selber gründet. Auch eine maßvolle, vernünftige und sittliche Lebensführung kann nicht davor bewahren. Weil sich dadurch aber viele Leiden vermeiden lassen ist eine solche Praxis zu einer Philosophie erhoben worden, eine Weltweisheit wie sie schon in der Antike bei Epikur besonders ausgeprägt war. Die Ansicht dass das Dasein auf diese Weise überwiegend glücklich sei und die Leiden dagegen gering und leicht tolerierbar wären, wird aber kaum in jemandem entstehen der an einem schweren Gebrechen leidet das ihm das Leben zur Hölle macht, oder der sonst in widrigste Umstände verwickelt ist, z.B. in einen langen grausamen Krieg. Sein Glück auf eine solche Maxime zu stützen setzt also voraus dass man kein Pech hat.
Leid kann aber gründlich beseitigt werden wenn die Ursache beseitigt ist auf der es gründet, in den vier edlen Wahrheiten als Begehren bezeichnet.
Dass die vom Buddha entdeckte vierfache Wahrheit keine Weltweisheit ist, darauf deutet der Zusatz "edel" (ariya) hin. Es ist eine edle Wahrheit (ariya sacca) und ein edler Pfad (ariya magga). Das Wort ariya kommt in den Lehrreden häufig vor und es hat nichts mit Überheblichkeit zu tun. Sich selber nicht besser oder schlechter, nicht einmal gleichwertig zu fühlen, ist ein Merkmal eines solcherart edlen Menschen (ariya puggala), er vergleicht sich überhaupt nicht mit anderen. Ariya puggala bezeichnet einen Menschen in dem das Begehren so weit geschwunden ist, dass er mindestens die "erste Stufe der Heiligkeit", den Stromeintritt, erreicht hat. Begehren ist mit der Annahme einer Persönlichkeit (sakkāya) verbunden, beim Stromeintritt ist die Ansicht eine Person zu sein (sakkāya diṭṭhi) weitgehend und unumkehrbar abgelegt. Damit ist der edle Pfad erreicht, die vierte edle Wahrheit verwirklicht.
Wenn man "edel" im Sinne von besser verstehen will, dann ist eine solche Gemeinschaft für begierdeverstrickte Leute wie mich schon besser. Freilich ist sie selten anzutreffen und wiederum ist man durch anderweitiges Begehren daran gehindert sie ausfindig zu machen um sich ihr anzuschließen. Zum Glück gibt es jetzt auch im Westen praktizierende Buddhisten welche die Lehre als ariya dhamma verstehen und von allen kann ich was lernen.
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